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Unser Immunsystem: Wichtige Funktionen und Tipps zur Stärkung

Ein Interview mit OA Dr. Matthias Kölbl, Facharzt für Innere Medizin und Intensivmedizin, Leiter der Notfallambulanz des Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Immunsystem und woraus setzt es sich zusammen?

MATTHIAS KÖLBL: Das Immunsystem ist das Abwehrsystem des Körpers und besteht aus zwei Hauptkomponenten: Immunzellen und Antikörper. Immunzellen, wie z.B. Lymphozyten, bekämpfen Eindringlinge wie Bakterien, Viren und Parasiten. Zusätzlich gibt es Antikörper, die in der Blutbahn gegen fremde Erreger arbeiten. Immunzellen sind im ganzen Körper verteilt – in der Haut, im Gehirn, im Herz, etc. Bestimmte Organe, wie Milz und Lymphknoten, spielen eine besondere Rolle im Immunsystem. Insgesamt kann man es sich wie ein Netzwerk von Wachtürmen vorstellen, die überall im Körper verteilt und ständig auf der Hut sind.

Was macht ein gesundes Immunsystem aus und warum ist es so wichtig für unsere Gesundheit insgesamt?

MATTHIAS KÖLBL: Ein gesundes Immunsystem ist essenziell für die tägliche Abwehr von Infektionen. Wir sind ständig mit Erregern konfrontiert – ob in der Straßenbahn, am Arbeitsplatz oder anderswo. Ein gut funktionierendes Immunsystem schützt uns vor Krankheiten, nicht nur vor Infektionen, sondern zum Beispiel auch vor der Entstehung von Tumoren. Interessanterweise gibt es eine enge Verbindung zwischen körperlicher und mentaler Gesundheit: Wer eine gesunde Psyche hat, besitzt oft auch ein stärkeres Immunsystem.

Wie wirkt sich Stress aufs Immunsystem aus?

MATTHIAS KÖLBL: Stress wirkt immunsuppressiv, das heißt, es unterdrückt das Immunsystem. Durch die Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol wird das Immunsystem herunterreguliert. Kurzfristig fühlen wir uns vielleicht stärker, um Herausforderungen zu bewältigen, aber auf längere Sicht wird die Regeneration gestört, und wir sind anfälliger für Infektionen. Besonders chronischer Stress schwächt das Immunsystem nachhaltig, was dazu führt, dass wir leichter krank werden und uns langsamer erholen, sogar bei einfachen Infekten.

Es heißt, das Immunsystem sitzt im Darm. Warum eigentlich?

MATTHIAS KÖLBL: Der Darm spielt eine zentrale Rolle im Immunsystem, weil er, neben dem Mund-Rachenraum, einer der ersten Kontaktpunkte für potenzielle Erreger ist, die wir über die Nahrung aufnehmen. Unser Immunsystem muss hier unterscheiden, was körpereigen und was fremd ist. Im Dünndarm befinden sich Lymphstationen, die das Immunsystem aktivieren, wenn Erreger über die Nahrung aufgenommen werden. Probleme im Darm, wie Entzündungen oder ein ungesunder Ernährungsstil, können die Immungesundheit beeinträchtigen. Zudem beherbergt der Darm Milliarden von Bakterien, die das Immunsystem ebenfalls beeinflussen.

Was soll man oder kann man speziell jetzt im Herbst und im Winter tun, um sein Immunsystem speziell zu kräftigen?

MATTHIAS KÖLBL: Im Herbst und Winter kann man das Immunsystem auf verschiedene Weise stärken. Wichtige Säulen sind eine gesunde Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse, wenig Fleisch und Alkohol, sowie regelmäßige Bewegung – idealerweise Ausdauersport wie Spazierengehen, Schneeschuhwandern oder Langlaufen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ausdauer- und Krafttraining ist ebenfalls wichtig, vor allem im Alter, um Muskelabbau vorzubeugen.

Vitamin D spielt in der dunklen Jahreszeit eine entscheidende Rolle. Da die Sonneneinstrahlung in unseren Breiten ab Herbst für die Bildung von Vitamin D nicht ausreicht, kann es sinnvoll sein, Vitamin-D-Präparate einzunehmen. Auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wesentlich, besonders wegen der trockenen Heizungsluft im Winter, denn trockene Schleimhäute machen uns anfälliger für Infektionen. Hier gilt als Faustregel: etwa 2 Liter Wasser pro Tag, abhängig von individuellen gesundheitlichen Bedingungen. Es wäre zudem wichtig, Wohnräume nicht zu trocken zu halten, idealerweise bei 40-60 % Luftfeuchtigkeit. Doch Vorsicht: Luftbefeuchter sollten regelmäßig gereinigt werden, da sie sonst zu Keimquellen werden können, was zu Lungenentzündungen durch Bakterien wie Legionellen führen kann. Mit der richtigen Pflege überwiegen jedoch die Vorteile dieser Geräte.

Zu guter Letzt ist ausreichend Schlaf entscheidend für die Regeneration des Immunsystems. Regelmäßige Schlafzeiten und eine gute Schlafhygiene unterstützen die körpereigene Abwehr, insbesondere bei chronischem Stress. Mentale Gesundheit spielt generell eine zentrale Rolle. Ein gesunder Geist trägt zu einem gesunden Körper bei, und wer sich mental ausgeglichen fühlt, kann besser mit Belastungen umgehen, was das Immunsystem stärkt. Darum ist es wichtig, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch auf sich zu achten, um das Immunsystem dauerhaft intakt zu halten.

Diese Empfehlungen gelten grundsätzlich auch außerhalb der Herbst- und Winterzeit, jedoch mit einigen Anpassungen. Vitamin D ist im Sommer meist kein Problem, da wir durch die Sonneneinstrahlung genug UV-Licht aufnehmen, um selber Vitamin D im Körper zu produzieren.

Was tun Sie persönlich für Ihre physische und psychische Gesundheit?

MATTHIAS KÖLBL: Für meine körperliche und mentale Gesundheit mache ich viel Ausgleichsbewegung, am liebsten in der Natur, sei es in den Bergen zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Abends koche ich oder höre gerne Musik, um abzuschalten und eine kleine Auszeit für mich zu haben. Im Winter langlaufe ich, da bin ich oft allein in der Natur, was mir Ruhe gibt. Außerdem genieße ich im Sommer und Herbst die Zeit im Garten – einfache Tätigkeiten zu Hause helfen mir ebenfalls, den Kopf freizubekommen.

Foto: pexels

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