In unserem Interview beantwortet Jürgen Heilinger vom WPM - Wundpflegemanagement häufig gestellte Fragen und gibt hilfreiche Tipps zur Pflege von Wunden in der warmen Jahreszeit. Neben allgemeinen Hinweisen zur Wundversorgung spricht Heilinger über den Umgang mit Narben, Insektenstichen, Tierbissen sowie kleineren oder häufiger auftretenden Hautverletzungen. Seine Ratschläge helfen dabei, auch im Sommer unbeschwert und gut versorgt zu bleiben.
F: Wie verhalte ich mich als chronische*r Wundpatient*in, wenn ich auf Reisen gehen möchte? Worauf soll ich besonders achten.
A: Trotz gewisser Einschränkungen wollen Menschen mit chronischen Wundproblemen auch gerne verreisen. Für eine möglichst unbeschwerliche Reisezeit gebe ich in der folgenden Übersicht ein paar wertvolle Tipps:
- Achten Sie auf Sauberkeit und Sterilität des Verbandes.
- Nehmen Sie ausreichend richtiges und passendes Verbandsmaterial ins Reisegepäck.
- Klären Sie vor der Abreise an Ihrem Reiseziel ab, ob es für Rückfragen eine*n Ansprechpartner*in für Notfälle, einen ambulanten Pflegedienst oder eine Arztordination vor Ort gibt.
- Falls Sie den Verbandwechsel selber vornehmen, vereinbaren Sie einen Notfallkontakt, zB mit Ihrem*r Wundpflegeexpert*in, die*der während der Reise telefonisch für Sie erreichbar ist.
- Ein Spezialtipp: machen Sie beim Verbandswechsel beim Profi ein Video, damit Sie für den selbständigen Wechsel des Verbandes die Anleitungen gespeichert haben. So können Sie in Ruhe jederzeit im Video die Besonderheiten und einzelnen Schritte nachschauen.
In den Sommermonaten und bei sommerlicher Hitze empfehle ich Ihnen bei chronischen Wundproblemen ganz allgemein:
- Vermeiden Sie direkte Sonneneinstrahlung auf die betroffenen Stellen – durch den Anstieg der Temperaturen steigt auch das Infektionsrisiko einer bestehenden Wunde.
- Wenn Sie für kurze Abkühlungen ins Wasser gehen möchten, besorgen Sie sich vor dem Urlaub einen speziell wasserdichten Kunststoffverband. Diese Art von zusätzlichem Schutz gibt es auch für Gipsverbände. Konkrete Produktempfehlungen erhalten Sie bei der*m Wundpflege-Expert*in und Bandagist*in.
- Von längerem Baden rate ich bei chronischen Wunden generell ab.
- Wichtig ist die Flüssigkeits- und Nährstoffaufnahme, denn über die Wundflüssigkeit verliert man Elektrolyte und Nährstoffe - daher empfehle ich, ausreichend zu trinken. Falls Nahrungsergänzungen in der Behandlung durch die*den Therapeut*in bereits etabliert sind, nehmen Sie ausreichend davon mit auf Reisen.
- Falls Sie von Venenproblemen betroffen sind, tragen Sie, gerade im Sommer bzw. bei hohen Temperaturen, auch spezielle Kompressionsverbände oder -strümpfe konsequent weiter. Es können sich andernfalls neuerlich Schwellungen und Einlagerungen von Flüssigkeit im Gewebe bilden – was sich wiederum negativ auf die Wundsituation auswirkt.
F: Wie gehe ich im Sommer mit Narben um?
A: Bei Narben empfehle ich, bis zu 12 Monate direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden. In jedem Fall verwenden Sie am besten eine Sonnenschutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor. Wenn sich die Narbe verändert, lassen Sie diese so rasch wie möglich bei der*dem Hautärzt*in kontrollieren.
Ganz generell sollte jede Art von Narbe nach etwa einem Jahr ärztlich kontrolliert werden. Vermeiden Sie nach Möglichkeit mechanische Reize z.B. durch Kleidung (z.B. Sockenbund) im Narbenbereich.
F: Es gibt auch weniger komplexe Wunden. Wie versorge ich z.B. Schnitt- und Schürfwunden oder andere „kleinere“ Verletzungen?
A: Grundsätzlich ist es wichtig, bei frischen Verletzungen eine Wund-Desinfektion vorzunehmen und gegebenenfalls einen Hausarzt oder die Spitalsambulanz aufzusuchen. Am besten gehe ich auf die häufigeren möglichen Wunden ein:
Schürfwunden: Das sind oberflächliche Wunden. Sie sind meist nicht sehr tief, können aber großflächig sein. Die Wunde zuerst reinigen und desinfizieren. Kleine Schürfwunden können an der Luft getrocknet werden, größere oder nässende Wunden decken Sie am besten mit speziellen Wundauflagen ab. Suchen Sie ärztliche Hilfe, wenn es um großflächige und/oder stark verschmutzte Wunden geht, wenn die Wunde hartnäckig blutet oder stark nässt bzw. eitert. Die Kruste (Wundschorf), falls vorhanden, nicht abkratzen!
Schnittwunden: Zu dieser „Küchenverletzung“ kommt es, wenn die Haut durch einen scharfen Gegenstand geschnitten wird. Sollte es zu einer Schnittverletzung beim Hantieren mit Fleisch, Fisch oder Konservendosen kommen, suchen Sie unbedingt eine Spitalsambulanz auf. Es besteht dabei eine hohe Bakterienbelastung, weshalb entstandene Wunden sehr infektionsgefährdet sind.
Platzwunden: Wenn die Haut durch einen stumpfen Gegenstand eingerissen oder zerrissen wird, kommt es zu einer Platzwunde. Als erstes mit einem sterilen Verband abdecken und so rasch wie möglich Arzt oder Spitalsambulanz aufsuchen – insbesondere, wenn die Platzwunde am Kopf aufgetreten ist.
Verbrennungen: (kleinere) Verbrennungen nicht mit Eis behandeln, sondern langsam kühlen. Zu den Verbrennungen zählt auch der Sonnenbrand. Kühlen Sie mit kühlen Tüchern oder kühlenden Lotionen – hierbei keine stark fetthaltigen Produkte verwenden. Nehmen Sie viel Flüssigkeit auf – sowohl bei Verbrennungen als auch Sonnenbrand! Sollte der Schmerz trotz Kühlung andauern, Schwellungen bzw. Kreislaufprobleme auftreten, suchen Sie einen Arzt oder eine Spitalsambulanz auf.
Insektenstiche: In der Regel sind Stiche harmlos. Durch das Aufkratzen der Einstichstellen kann jedoch Schmutz in die Wunde gelangen, die sich in der Folge entzünden kann. Bei anhaltender Rötung, Schwellung und Schmerzen nehmen Sie Hilfe in Anspruch. (Stichwort „Borreliose“)
F: Was mache, wenn ich von einem Hund oder einer Katze gebissen bzw. gekratzt werde?
A: Hundebisse sind meistens größer und klaffend, man sucht also automatisch die Spitalsambulanz auf. Katzenbisse oder -kratzer werden oft unterschätzt, weil es häufig nur kleine Einbissstellen in der Haut gibt, die sich schnell verschließen. Allerdings wurden bereits Bakterien eingebracht – vor allem jene, die keinen Sauerstoff zur Vermehrung brauchen, breiten sich aus. Am zweiten oder dritten Tag kann es zu einer Schwellung/Rötung bzw. Schmerzen kommen. Im ungünstigsten Fall können Katzenbisse und -kratzer zu schweren Infektionen führen. Desinfizieren Sie unmittelbar nach einem Biss die noch offenen Stellen und beobachten Sie gründlich den Verlauf. Achten Sie generell auf Ihren Tetanus-Impfschutz.
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